BAZ 2005: Die Käppelijoch-Brauerei produziert wenig, aber sehr spezielles Bier

BAZ 2005: Die Käppelijoch-Brauerei produziert wenig, aber sehr spezielles Bier

           

Bier von hier im Kleinformat, © Basler Zeitung; 23.09.2005; Seite 27

Michael Heim

4000 Liter Bier hat die Käppelijoch-Brauerei letztes Jahr gebraut. Davon leben kann Brauer Daniel Nüesch nicht. Dafür leben aber schon.

An der Colmarerstrasse ist die Bierwelt noch in Ordnung. Fernab von ökonomischem Druck und Globalisierung produziert Daniel Nüesch seit fünf Jahren Bier der besonderen Art. Er ist Chef der Brauerei Käppelijoch, einer von rund 60 «Mikrobrauereien», die zusammen 1% des Schweizer Biers herstellen. Er betreibe eine «professionelle Anlage im Kleinstformat», sagt Nüesch und bestätigt damit nichts anderes, als dass er ein Bierliebhaber, Tüftler und Perfektionist ist. So erlebt man ihn beim Rundgang durch die in einem Wohnhaus eingerichtete Brauerei.

In der ehemaligen Küche prägt heu-te der Chromstahl das Bild. Links die Sudpfanne, rechts der Läuterbottich. Je nach Sorte lassen sich 100 bis 180 Liter Bier herstellen. Das Wasser dazu bereitet Nüesch selber auf. Bei seinen ersten Versuchen reiste er noch durch die ganze Schweiz auf der Suche nach der perfekten Quelle – er fand sie in den Bündner Alpen. Bald musste er sich eingestehen, dass er aus praktischen Gründen auf Leitungswasser angewiesen ist. Nun beschränkt er sich darauf, dieses je nach Biersorte neu zu mineralisieren.

Zwei Restaurants. Letztes Jahr produzierte die Brauerei 4000 Liter Bier, also etwa ein 50 000stel der Brauerei Feldschlösschen. Doch es gehe stetig rauf, versichert Nüesch. Heute bekommt man sein Bier im benachbarten Molkereigeschäft und im Offenausschank zweier Restaurants. Nächstes Jahr kann er vielleicht zwei zusätzliche Lokale unter Vertrag nehmen. Dann würde der Absatz auf 6000 bis 7000 Liter steigen, schätzt er.

Nüesch braut ganzjährig ein «Spezial» nach tschechischer Art und das «Pale Ale», ein englisches Altbier. Doch erst, wenn er von seinen Spezialitäten spricht, kommt er so richtig ins Schwärmen. Für die «Sun21» hat er ein Vierkornbier gebraut, für den Vogel Gryff ein Bock. Auf Weihnachten braut er ein Klosterbier mit 10 Prozent Alkohol («es ist ein Jahrgangsbier, das man gut lagern kann»), und nächstes Jahr will er ein dunkles obergäriges Leichtbier herstellen. Als einer von wenigen vergärt er zudem Honigwasser mit Hefe zu Met.

Nüesch sieht sich als Wahrer der Bierkultur. Er will Sorten erhalten und neue schaffen. Wenig Verständnis hat er für den Geschmack der Schweizer, die zu 94 Prozent helle Massenbiere trinken (Lager oder Spezial). Er mag es dunkel und kräftig und findet dabei durchaus auch Lob für Konkurrenzprodukte wie das «Rauracher» von Ziegelhof.

Von Schottland inspiriert. Fasziniert erzählt er von seinen Ferien in Schottland, wo das Bier noch direkt aus dem Keller ins Glas gepumpt und wärmer serviert wird als in der Schweiz. Er hat die Temperatur gemessen. «Einmal wurde uns ein Real Ale mit 19° C serviert», sagt er. Bei aller Tradition, aber das war selbst ihm zu warm.

Die Brauerei gibt es in ihrer heutigen Form seit fünf Jahren. Das erste Mal habe er bereits Anfang der Achtzigerjahre ans Brauen gedacht. Zehn Jahre später sah er eine Reportage über das Hanfbier der aufstrebenden Wädi-Brauerei. «Diese Idee hatte ich doch auch schon», dachte er sich und beschloss, mit Nachdenken aufzuhören und zur Tat zu schreiten. Damals arbeitete er als Kinooperateur. Während der Vorführungen studierte er die Fachliteratur. «Ich dachte sogar daran, dort zu brauen, aber das wäre wohl nicht so toll herausgekommen», sagt er.

Zwischen Gross- und Kleinbasel. Die ersten Versuche machte Nüesch in der eigenen Küche. 20 Liter Bier braute er aufs Mal. Bei seinen Freunden stiess er auf grosse Nachfrage, und so baute er Ende 2000 aus. Damals erfand er auch die Marke. «Es gab das Ueli Bier im Kleinbasel und das Unser Bier im Grossbasel», argumentiert er. Das einzige, was dazwischen lag, war das Käppelijoch auf der Mittleren Rheinbrücke.

Nüesch will spezielle Biere brauen, «ganz nach Grossvaters Sitte». Er mache alles selber und halte sich an ursprüngliche Zutaten. So arbeitet er auch mit ganzen Hopfenblüten und nicht mit Pulver wie die meisten Brauereien. Zehn verschiedene Sorten habe er an Lager, auch wenn das viel mehr Platz braucht.

Geld könne man so natürlich keines verdienen, muss er eingestehen. Mit einem (geschätzten) Umsatz von 20 000 Franken im Jahr muss die Käppelijoch-Brauerei noch nicht einmal Mehrwertsteuer abliefern. Einzig die Biersteuer von 25 Rappen pro Liter schuldet sie dem Staat. Auch mit den Lebensmittelvorschriften habe er keine Mühe. «Bier ist heikel. Wenn du nicht sauber arbeitest, wird eh nichts draus», sagt Nüesch. Das Bier selbst sei der beste Lebensmittelinspektor.

Offenausschank von Käppelijochbier: Restaurant Gundeldingerhof, Hochstrasse Restaurant zur Rebe, Hammerstrasse

Regionale Brauereien

Brauerei Käppelijoch

Produktion 40 hl (2004)

Gegründet 2000

Adresse 4055 Basel

Besitzer Daniel Nüesch

Website keine

Brauerei Fischerstube

Produktion 2770 hl (2004)

Gegründet 1974

Adresse 4058 Basel

Besitzer Familie Nidecker

Website www.uelibier.ch

Brauerei Unser Bier

Produktion 3565 hl (2004)

Gegründet 1997

Adresse 4053 Basel

Besitzer Publikumsgesellschaft

Website www.unser-bier.ch

Brauerei Ziegelhof

Produktion 35 000 hl (2004)

Gegründet 1850

Adresse 4410 Liestal

Besitzer Familie Meyer

Website www.ziegelhof.ch

Brauerei Feldschlösschen

Produktion >2 000 000 hl

Gegründet 1876

Adresse 4310 Rheinfelden

Besitzer Brauerei Carlsberg

Website www.feldschloesschen.com